Es
rumort in der Azawakh-Szene. Allerorten
findet man aufgeregte Statements und
Kommentare. Im Internet hat sich eine Gruppe von
Aktivisten gesammelt, die sich der Bekämpfung gegen
angeblich dirigistische Vorschriften der die Rasse
vertretenen kynologischen
Verbände , hier DWZRV, dort der französische
SLAG und die FCI
verschrieben hat. Es werden umfangreiche
Kassiber an alle Windhundrichter und andere
kynologische Entscheidungsträger versandt, wird mit
umfangreichen Material ein Bild der Rasse
inszeniert, um mit einer Informationsflut
Unsicherheit bei Richtern, Züchtern und Besitzern
zu erzeugen.
Erste
Früchte einer solch geballten Einflussnahme hat
diese Kampagne schon getragen. Bei der diesjährigen
französischen SLAG Ausstellung in Clermont-Herault
war die Meldezahl bei Azawakh deutlich
weniger als im letzten Jahr und von den
verantwortlichen Seite des Club konnte man die
Meinung hören, dass es offensichtlich einen
Boykottaufruf zu dieser Veranstaltung gegeben hätte.
Was
war passiert?
In
den letzten Jahren wurden vermehrt Azawakh in den
Ausstellungsringen präsentiert,
die ganz offensichtlich den Rahmen der im
Azawakhstandard vorgeschriebenen Farben sprengte. Es
wurden neben fast schwarzfarbenen, blauen ,grizzelfarbenen
auch gescheckte Hunde präsentiert. Sie zeigten also
Farben, die vom derzeit gültigen Azawakhstandard
nicht als Rassefarben
zugelassen
sind. Bezogen auf die Farbe „weiß“
zeigten die Hunde nicht nur die im Standard
geforderten weißen Abzeichen, nein, sie zeigten
soviel „weiß“, dass die restliche Farbe sich in
Platten an Kopf, Hals und Rumpf
abbildet.
Scheckung ist aber im Standard nicht erlaubt.
(Siehe Bild )
Diese
Tatsache rief nun, nach langem Zuschauen und Zögern,
dann doch die verantwortlichen Gremien der Zuchtverbände
auf den Plan. Sie kamen in
entsprechenden Stellungnahmen überein,
eine solche Farbenvielfalt nicht mehr
akzeptieren zu wollen, vor allem auch mit dem
Argument, dass eine Diskrepanz zwischen Standardvorschrift
und dem dazu abweichenden Werturteil eines Richters,
-sollte er den Hund nicht abgewertet haben-
im vereinsrechtlichen und kynologisch-
juristischen Sinne
nicht vertretbar ist.
Weit
wichtiger war aber die
kynologische Argumentation,
wie sie im letzten Jahr von dem
Vorstandsgremium der französischen Vereinigung für
afrikanische Windhunde, etc.( abgekürzt SLAG )
getroffen wurde. Es wurde festgestellt, (veröffentlicht
im Bulletin des Club Nr. 61, Seite 5) , dass es bei
einem reinerbigen Azawakh zwar zu Variationen in der
Abbildung auf die Ausdehnung der Farbe weiß
im Haarkleid kommen kann- „von wenigen weißen
Härchen an den Füßen bis zu hohen weißen
Stiefeln mit Übergang zu einem weißen Halsfleck,
einem weißen Nasenfleck und einem weißen Fleck in
Höhe des Nackens“
- aber niemals zu einer Scheckung mit Ausbreitung des „Weiß“
über den ganzen Rumpf.
Explizit wurde festgestellt, dass es auch bei
Paarung von Azawakh mit jeweils hohem „Weißanteil“
es nie zur Ausbreitung eines gescheckten Haarkleides
gekommen sei- weder in den Nachzuchten der Europäer
noch in den Zuchten der Touareg
der 60 iger und 70 ziger Jahre, deren Hunde
letztendlich den Typ hervorbrachte, der bei
Erstellung des Azawakhstandards zu Grunde
gelegt wurde. 1981 wurde dieser Standard bei der FCI
homologiert, nachdem man fast 10 Jahre zuvor um
einen eigenen Standard für den Azawakh in
Frankreich gerungen hatte.
Man muß wissen, dass
Frankreich für die Erstellung des Standards bei der
FCI zuständig ist, da das Ursprungsland der Rasse,
Mali, nicht Mitglied der FCI ist.
Warum gibt es nun die
abweichende Fellfarben vom Standard?
Als eine noch junge, nicht
standardgeführte Windhundrasse, rekrutierten sich
die ersten Importe
aus der Azawakhpopulation
Ende der 60 iger Jahre aus dem Azawakhtal und
aus der nordwestlichen Region von Mali, bewohnt von
den nomadisierenden Touareg
der Oulliminden und den nomadisierenden
Daussahaq. Bereits
zu dieser Zeit war die Verbreitung anderer
Windhundpopulationen in anderen Regionen gut
bekannt. Man wollte aber keinen Standard für die
Masse der dort anzutreffenden Jagd- und Windhunde
erstellen, man wollte den besonderen Typ des großrahmigen,
meist rotsandfarbenen Hundes mit weißen Abzeichen
und seiner herausragenden Eleganz
zur Grundlage des Standards machen. Deshalb
repräsentiert der dazu korrespondierende Standard
eine besondere Auswahl von Hunden, die in der
Mehrzahl nach Europa verbracht den Beginn der Rasse
in Europa darstellt. Es handelt sich bei diesem
Standard um einen bewusst „exklusiven“
Standard, der
mit seinen sehr konkreten und genauen Angaben
bezogen auf die
verschiedenen Merkmale samt ihren spezifischen Ausprägungen
die Anatomie und das Exterieur
der Hunde festlegt und den Azawakh gegenüber
anderen regionalen Hundeschlägen genau abgrenzt. Dabei wurde von den Autoren immer wieder betont, dass bei
ihrer Rassebeschreibung vor allem auch die
Zuchtintentionen der Halter im Ursprungsland
berücksichtigt worden seien.
Nun kam es,
wie es kommen
musste. Geschichte wird nicht neu erfunden, sie
wiederholt sich immer nur. Ähnlich wie im
Afghanenstreit im England
der 20 iger Jahre des letzten Jahrhunderts (Ghazni-
Tazi –Typ) oder denken wir an den Importstreit mit
den Barsois aus Russland , in allen Fällen kommt es
zu Diskussionen um die „echten“ Importe und
deren Repräsentanz innerhalb eines bestehenden
Standards.
Finden sich Liebhaber von in
Ursprungsländern lebenden Windhunden, dann werden
diese aus ihren Ursprungsländern nach Europa
verbracht und man versucht sie nun in die bereits
bestehenden standardmäßig
erfassten Windhundrassen zu integrieren. So
geschehen auch in diesem Fall bei der Rasse
Azawakh.
Besonders hervor tat sich dabei
in den letzten 10 Jahren eine private Organisation
mit Namen ABIS unter der Federführung von Herrn Dr.
Röder, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den „Azawakhbestand“
im Ursprungsland zu erfassen und den angeblich zu
kleinen „Genpool“ der europäischen Azawakh mit
neuen Importen aufzustocken. Dabei ging man mit der Erfassung des Windhundbestandes sehr
großzügig vor, deklarierte das Aufspüren von
Windhunden jeden Aussehens und jeder Couleur
als einen „ nach wissenschaftlichen
Methoden organisierte Feldstudie“ , apostrophierte
die gefunden Hunde als eine „Landrasse“ und
subsumierte alle gefundenen Hunde unter dem Standardbegriff des „Azawakh“, wohl wissend, dass viele
der gezeigten und auch mitgebrachten Hunde nur
schlecht in den Rassestandard des Azawakh zu
integrieren waren. Sie kamen nicht nur aus weit
voneinander entfernten Regionen (in der Mehrzahl aus
Burkina Faso), zeigten nicht nur die bereits oben
erwähnten Fehlfarben, sondern auch andere
untypische Rassemerkmale wie
schweres Gebäude,
schwerer Kopf, Dysproportionen
im Verhältnis von Länge zu Größe ,
fehlerhafte Fellstruktur (langes Haar, dicke Rute) ,
„Wolfskrallen“ an den Hinterbeinen, abfallende Rückenlinie
und wiesen doch mehr oder minder große Standardmängel
auf.
Teilweise zeigte sich erst in
der nachfolgenden Generation von primär phänotypisch
farblich
korrekten Hunden das Auftreten von
Fehlfarben, was die Züchter solcher Hunde nun in
Zugzwang brachte.
Hatte man
zu früherer
Zeit bereits Erfolg mit dieser Argumentation
der „real existierenden „Azawakhpopulation im
Ursprungsland“
(siehe einschlägige Veröffentlichungen in
diversen Zeitschriften) bei der Auseinandersetzung
mit der Fellzeichnung
„gestromt“ gehabt- bekanntlich wurde in
einer Abänderung des Standards die zuvor verpönte
„Stromung“
als tolerierte Fellfarbe aufgenommen- , so
zeigt sich der nun regende Widerstand der
offiziellen Verbände gegen das Bestreben weiterer
Aufweichungen des Standards als eine „Affront“ ,
der die selbst ernannten „Experten“
veranlasst, massiven Druck auf die
vereinzelten Organe der Verbände auszuüben.
Dabei geht man in der
Argumentation nicht zimperlich um.
1) Den
französischen Standardautoren wird
eine europäische Sichtweise der
Rassebeschreibung in Abgrenzung zu anderen europäischen
Windhundstandards (z.B. Sloughi) und eine Unkenntnis
der Hundepopulationen im Ursprungsland unterstellt.
2)
Die bereits seit mehr als 25 Jahren bestehende Zucht
von Azawakh wird als eine Fehlentwicklung
dargestellt, da sich die in mehr als 5 Generationen
gezüchteten Hunde
gerade in ihrer Qualität,
ihrer Einheitlichkeit und typvollen Erscheinung von
den importierten Hunde teilweise deutlich abheben.
3) Allen, die in jüngster Zeit
noch nicht die Sahelregion (Burkina Faso, Mali ,
Niger) bereist haben, wird eine Expertenmeinung
abgesprochen.
4) Alle züchterische Bemühungen
und Erfolge innerhalb der Verbände werden als
Ergebnissevon „geringem Wert“
dargestellt, die sich zwangsläufig aus der geringen
Konkurrenzsituation ergeben.
5)
Rückschläge in der Zucht oder Auftreten von
Erkrankungen werden als zwangsläufige Entwicklungen
gedeutet, die nur durch die Einführung “gesunder
Gene“ mittels Importe zu begegnen wäre. Das Einführen
„kranker und rasseuntypischer
Gene“ durch Importe wird dagegen negiert.
6) Erscheinungsmerkmale
importierter Hunde, die nicht im bestehenden
Standard berücksichtigt sind,
werden nicht den Hunden, sondern dem
angeblich unzureichenden Standard angelastet.
7) Die vor allem vom SLAG
vorgenommene „Interpretation“ des Standards
bezogen auf die Eingrenzung
weißer Abzeichen an Extremitäten, Hals und
Kopf (sie
SLAG-Bulletin Nr. 49, S.8) und die generelle
Ablehnung des gescheckten Haarkleides
wurde indes zum Anlass genommen,
dem SLAG inkonsequentes Handeln vorzuwerfen,
da diese Einschränkungen
auch herausragende Azawakh aus bekannten
Zuchten träfe um dann im gleichen Atemzug die
Aufhebung jeglicher
Einschränkung der Weißfärbung und eine Abänderung
des Standards zu fordern.
Es
erscheint müßig,
diese Argumentationen weiter fortzuführen.
Insgesamt lässt sich resümieren,
dass es sich mit den massiven, fast professionellen
Importbestrebungen (immerhin sind bereits über 50
Hunde innerhalb von knapp 10 Jahren importiert
worden) um ein
fast sektiererhaftes Treiben handelt, bei dem der überzogene
Anspruch zur Erhaltung der Rasse
allen anderen Zielen untergeordnet wird und
zum Erreichen desselben zwar gerne die Segnungen
eines Vereines oder Verbandes genutzt werden, zum
Beispiel zur Ausstellung von Ahnentafeln für
Importe, Genehmigungen zur
Zuchtzulassung etc., sich aber ansonsten den
Spielregeln eines Zuchtverbandes nicht weiter
unterwerfen will. Im Gegenteil, man fordert die
Aufgabe von verbindlichen Standardregelungen und ist
nicht bereit, innerhalb der bestehenden Grenzen sich
dem züchterischen Wettbewerb zu stellen.
In einer beispiellosen Öffentlichkeitskampagne
wird der Eindruck erweckt, als hätte die Erstellung
von Rassestandards etwas mit der Bildung von
Mehrheitsmeinungen zu tun und es wird dem standardmäßigen
„laisser faire“
das Wort geredet. Man braucht kein Prophet zu
sein: der Zulassung aller Farben wird als nächstes
die Änderung der Körpergröße folgen und wenn nötig,
wird man noch andere Details finden, um nach dem
Erscheinungsbild der
Importe den Standard für sich
„zurechtzubiegen“!
Dabei haben die Initiatoren der
Kampagne noch gar nicht bemerkt, dass sie in ihren
Bemühungen eventuell einem grundsätzlichen Irrtum
aufsitzen, der sich darin zeigt, dass die tatsächlich
bestehende Diskrepanz von Merkmalen importierter
Hunde mit dem gültigen
Azawakhstandard daraus resultieren könnte,
dass es sich bei den importierten Windhunden gar
nicht um die Rasse Azawakh, sondern um einen noch näher
zu bezeichnenden
Sahelwindhund handelt, für den die Schaffung
eines eigenen Rassestandards noch zu leisten wäre.
Was ist zu tun?
Die Diskussion um die Farben
des Azawakh ist nur eine Scheindiskussion,
die als Instrument benutzt wird, um den
Standard mit seinen
sehr klaren Definitionen auszuhebeln und mit
weiteren Abänderungen den Zugang für mischrassige
Hunde in den Standard zu finden.
Mit der massiven Zufuhr
mischrassiger Gene wird der Azawakh-Genpool
auf lange Zeit geschädigt und der Azawakh
verliert seinen spezifischen Rassetypus, den eines
edlen und hocheleganten Windhundes.
Herr Dr. Röder, hören sie
endlich auf, uns allen einreden zu wollen, die Rasse
Azawakh könne ohne Importe nicht überleben.
Wir können zumindest auf die Masse von
Importen jeglicher Form und Couleur
gerne verzichten. Gebraucht werden Importe,
die den Standard in vollem Umfang erfüllen und die
eine Bereicherung für die Rasse und den Genpool
bedeuten. Eine Degenerierung der Rasse Azawakh zu
einem „Münchener Allerelei“ ist von niemanden
gewünscht!
Fordern wir die Einhaltung der
von den zuständigen Gremien geschaffenen Fakten:
hier der Azawakhstandard.! Schaffen wir Rechts- und
Zuchtsicherheit!
Wenn wir uns schon die zuchtbuchmäßige
Kontrolle der bereits in europäischen Zuchtbüchern
erfassten Hunde leisten, dann sollten wir erst recht
kritisch bei der Zuchtverwendung von Importen mit
unbekannten Ahnen sein.
Unter dem Schutz eines sehr
detaillierten und genau recherchierten Standard
konnte die Rasse über 30 Jahre so erhalten werden,
wie sie sich bereits in Ihren Anfängen bei uns repräsentierte:
als ästhetisches Kleinod unter den Windhundrassen. Sein Aussehen so zu
erhalten ist unsere höchste züchterische
Pflicht.
Alle unsere Bemühungen sollten
auf diese Ziel ausgerichtet. Und jeder der dies
ernsthaft will, muß weiterhin den Vorgaben des
Standards folgen.
Erstveröffentlichung:
Unsere Windhunde, 2005
Fotos: Anne Hochgesand
©2005, Waldalgesheim
engl. Version