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engl. Version

Azawakh im Wandel?
von Dr. Ulrich Hochgesand

Es rumort in der Azawakh-Szene. Allerorten  findet man aufgeregte Statements und Kommentare. Im Internet hat sich eine Gruppe von Aktivisten gesammelt, die sich der Bekämpfung gegen angeblich dirigistische Vorschriften der die Rasse vertretenen kynologischen  Verbände , hier DWZRV, dort der französische  SLAG und die FCI  verschrieben hat. Es werden umfangreiche Kassiber an alle Windhundrichter und andere kynologische Entscheidungsträger versandt, wird mit umfangreichen Material ein Bild der Rasse inszeniert, um mit einer Informationsflut Unsicherheit bei Richtern, Züchtern und Besitzern zu erzeugen.
Erste Früchte einer solch geballten Einflussnahme hat diese Kampagne schon getragen. Bei der diesjährigen französischen SLAG Ausstellung in Clermont-Herault  war die Meldezahl bei Azawakh deutlich weniger als im letzten Jahr und von den verantwortlichen Seite des Club konnte man die Meinung hören, dass es offensichtlich einen Boykottaufruf zu dieser Veranstaltung gegeben hätte. 

Was war passiert?
In den letzten Jahren wurden vermehrt Azawakh in den Ausstellungsringen präsentiert,  die ganz offensichtlich den Rahmen der im Azawakhstandard vorgeschriebenen Farben sprengte. Es wurden neben fast schwarzfarbenen, blauen ,grizzelfarbenen auch gescheckte Hunde präsentiert. Sie zeigten also Farben, die vom derzeit gültigen Azawakhstandard nicht als Rassefarben  zugelassen  sind. Bezogen auf die Farbe „weiß“ zeigten die Hunde nicht nur die im Standard geforderten weißen Abzeichen, nein, sie zeigten soviel „weiß“, dass die restliche Farbe sich in Platten an Kopf, Hals und Rumpf  abbildet.  Scheckung ist aber im Standard nicht erlaubt. (Siehe Bild )

Diese Tatsache rief nun, nach langem Zuschauen und Zögern, dann doch die verantwortlichen Gremien der Zuchtverbände auf den Plan. Sie kamen in  entsprechenden Stellungnahmen überein,  eine solche Farbenvielfalt nicht mehr akzeptieren zu wollen, vor allem auch mit dem Argument, dass eine Diskrepanz  zwischen  Standardvorschrift und dem dazu abweichenden Werturteil eines Richters, -sollte er den Hund nicht abgewertet haben-  im vereinsrechtlichen und kynologisch- juristischen  Sinne nicht vertretbar ist.
Weit wichtiger war aber die  kynologische Argumentation,  wie sie im letzten Jahr von dem Vorstandsgremium der französischen Vereinigung für afrikanische Windhunde, etc.( abgekürzt SLAG )  getroffen wurde. Es wurde festgestellt, (veröffentlicht im Bulletin des Club Nr. 61, Seite 5) , dass es bei einem reinerbigen Azawakh zwar zu Variationen in der Abbildung auf die Ausdehnung der Farbe weiß  im Haarkleid kommen kann- „von wenigen weißen Härchen an den Füßen bis zu hohen weißen Stiefeln mit Übergang zu einem weißen Halsfleck, einem weißen Nasenfleck und einem weißen Fleck in Höhe des Nackens“  -  aber niemals zu einer Scheckung mit Ausbreitung des „Weiß“ über den ganzen Rumpf.   Explizit wurde festgestellt, dass es auch bei Paarung von Azawakh mit jeweils hohem „Weißanteil“ es nie zur Ausbreitung eines gescheckten Haarkleides gekommen sei- weder in den Nachzuchten der Europäer noch in den Zuchten der Touareg  der 60 iger und 70 ziger Jahre, deren Hunde letztendlich den Typ hervorbrachte, der bei  Erstellung des Azawakhstandards zu Grunde gelegt wurde. 1981 wurde dieser Standard bei der FCI homologiert, nachdem man fast 10 Jahre zuvor um einen eigenen Standard für den Azawakh in Frankreich gerungen hatte.
Man muß wissen, dass Frankreich für die Erstellung des Standards bei der FCI zuständig ist, da das Ursprungsland der Rasse, Mali, nicht Mitglied der FCI ist.

Warum gibt es nun die abweichende Fellfarben vom Standard?
Als eine noch junge, nicht standardgeführte Windhundrasse, rekrutierten sich die ersten  Importe aus der Azawakhpopulation  Ende der 60 iger Jahre aus dem Azawakhtal und aus der nordwestlichen Region von Mali, bewohnt von den nomadisierenden Touareg  der Oulliminden und den nomadisierenden Daussahaq.  Bereits zu dieser Zeit war die Verbreitung anderer Windhundpopulationen in anderen Regionen gut bekannt. Man wollte aber keinen Standard für die Masse der dort anzutreffenden Jagd- und Windhunde erstellen, man wollte den besonderen Typ des großrahmigen, meist rotsandfarbenen Hundes mit weißen Abzeichen und seiner herausragenden Eleganz  zur Grundlage des Standards machen. Deshalb repräsentiert der dazu korrespondierende Standard eine besondere Auswahl von Hunden, die in der Mehrzahl nach Europa verbracht den Beginn der Rasse in Europa darstellt. Es handelt sich bei diesem  Standard um einen bewusst „exklusiven“ Standard,  der mit seinen sehr konkreten und genauen Angaben bezogen auf  die verschiedenen Merkmale samt ihren spezifischen Ausprägungen die Anatomie und das Exterieur  der Hunde festlegt und den Azawakh gegenüber anderen regionalen Hundeschlägen genau abgrenzt.  Dabei wurde von den Autoren immer wieder betont, dass bei ihrer Rassebeschreibung vor allem auch die Zuchtintentionen der Halter im Ursprungsland  berücksichtigt worden seien.

Nun kam es,  wie es  kommen musste. Geschichte wird nicht neu erfunden, sie wiederholt sich immer nur. Ähnlich wie im Afghanenstreit im England  der 20 iger Jahre des letzten Jahrhunderts (Ghazni- Tazi –Typ) oder denken wir an den Importstreit mit den Barsois aus Russland , in allen Fällen kommt es zu Diskussionen um die „echten“ Importe und deren Repräsentanz innerhalb eines bestehenden Standards.

Finden sich Liebhaber von in Ursprungsländern lebenden Windhunden, dann werden diese aus ihren Ursprungsländern nach Europa verbracht und man versucht sie nun in die bereits bestehenden standardmäßig  erfassten Windhundrassen zu integrieren. So geschehen auch in diesem Fall bei der Rasse Azawakh.
Besonders hervor tat sich dabei in den letzten 10 Jahren eine private Organisation mit Namen ABIS unter der Federführung von Herrn Dr. Röder, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den „Azawakhbestand“ im Ursprungsland zu erfassen und den angeblich zu kleinen „Genpool“ der europäischen Azawakh mit neuen Importen aufzustocken.  Dabei ging man mit der Erfassung des Windhundbestandes sehr großzügig vor, deklarierte das Aufspüren von Windhunden jeden Aussehens und jeder Couleur  als einen „ nach wissenschaftlichen Methoden organisierte Feldstudie“ , apostrophierte die gefunden Hunde als eine „Landrasse“ und  subsumierte alle gefundenen Hunde unter dem  Standardbegriff des „Azawakh“, wohl wissend, dass viele der gezeigten und auch mitgebrachten Hunde nur schlecht in den Rassestandard des Azawakh zu integrieren waren. Sie kamen nicht nur aus weit voneinander entfernten Regionen (in der Mehrzahl aus Burkina Faso), zeigten nicht nur die bereits oben erwähnten Fehlfarben, sondern auch andere untypische Rassemerkmale wie  schweres Gebäude,  schwerer Kopf, Dysproportionen  im Verhältnis von Länge zu Größe , fehlerhafte Fellstruktur (langes Haar, dicke Rute) , „Wolfskrallen“ an den Hinterbeinen, abfallende Rückenlinie und wiesen doch mehr oder minder große Standardmängel auf.
Teilweise zeigte sich erst in der nachfolgenden Generation von primär phänotypisch farblich   korrekten Hunden das Auftreten von Fehlfarben, was die Züchter solcher Hunde nun in Zugzwang brachte.
Hatte man  zu früherer  Zeit bereits Erfolg mit dieser Argumentation der „real existierenden „Azawakhpopulation im Ursprungsland“  (siehe einschlägige Veröffentlichungen in diversen Zeitschriften) bei der Auseinandersetzung mit der Fellzeichnung  „gestromt“ gehabt- bekanntlich wurde in einer Abänderung des Standards die zuvor verpönte „Stromung“  als tolerierte Fellfarbe aufgenommen- , so zeigt sich der nun regende Widerstand der offiziellen Verbände gegen das Bestreben weiterer Aufweichungen des Standards als eine „Affront“ , der die selbst ernannten „Experten“  veranlasst, massiven Druck auf die vereinzelten Organe der Verbände auszuüben.

Dabei geht man in der Argumentation nicht zimperlich um.
1) Den  französischen Standardautoren wird  eine europäische Sichtweise der Rassebeschreibung in Abgrenzung zu anderen europäischen Windhundstandards (z.B. Sloughi) und eine Unkenntnis der Hundepopulationen im Ursprungsland unterstellt.
 2) Die bereits seit mehr als 25 Jahren bestehende Zucht von Azawakh wird als eine Fehlentwicklung dargestellt, da sich die in mehr als 5 Generationen gezüchteten Hunde gerade in ihrer Qualität, ihrer Einheitlichkeit und typvollen Erscheinung von den importierten Hunde teilweise deutlich abheben.
3) Allen, die in jüngster Zeit noch nicht die Sahelregion (Burkina Faso, Mali , Niger) bereist haben, wird eine Expertenmeinung abgesprochen.
4) Alle züchterische Bemühungen und Erfolge innerhalb der Verbände werden als Ergebnissevon „geringem Wert“ dargestellt, die sich zwangsläufig aus der geringen Konkurrenzsituation ergeben.
5) Rückschläge in der Zucht oder Auftreten von Erkrankungen werden als zwangsläufige Entwicklungen gedeutet, die nur durch die Einführung “gesunder Gene“ mittels Importe zu begegnen wäre. Das Einführen „kranker und rasseuntypischer  Gene“ durch Importe wird dagegen negiert.
6) Erscheinungsmerkmale importierter Hunde, die nicht im bestehenden Standard berücksichtigt sind,  werden nicht den Hunden, sondern dem angeblich unzureichenden Standard angelastet.
7) Die vor allem vom SLAG vorgenommene „Interpretation“ des Standards bezogen auf die Eingrenzung  weißer Abzeichen an Extremitäten, Hals und Kopf  (sie SLAG-Bulletin Nr. 49, S.8) und die generelle Ablehnung des gescheckten Haarkleides  wurde indes zum Anlass genommen,  dem SLAG inkonsequentes Handeln vorzuwerfen, da diese Einschränkungen  auch herausragende Azawakh aus bekannten Zuchten träfe um dann im gleichen Atemzug die Aufhebung jeglicher  Einschränkung der Weißfärbung und eine Abänderung des Standards zu fordern.
Es erscheint müßig,  diese Argumentationen weiter fortzuführen.

Insgesamt lässt sich resümieren, dass es sich mit den massiven, fast professionellen Importbestrebungen (immerhin sind bereits über 50 Hunde innerhalb von knapp 10 Jahren importiert worden) um  ein fast sektiererhaftes Treiben handelt, bei dem der überzogene Anspruch zur Erhaltung der Rasse  allen anderen Zielen untergeordnet wird und zum Erreichen desselben zwar gerne die Segnungen eines Vereines oder Verbandes genutzt werden, zum Beispiel zur Ausstellung von Ahnentafeln für Importe, Genehmigungen zur  Zuchtzulassung etc., sich aber ansonsten den Spielregeln eines Zuchtverbandes nicht weiter unterwerfen will. Im Gegenteil, man fordert die Aufgabe von verbindlichen Standardregelungen und ist nicht bereit, innerhalb der bestehenden Grenzen sich dem züchterischen Wettbewerb zu stellen.

In einer beispiellosen Öffentlichkeitskampagne wird der Eindruck erweckt, als hätte die Erstellung von Rassestandards etwas mit der Bildung von Mehrheitsmeinungen zu tun und es wird dem standardmäßigen „laisser faire“  das Wort geredet. Man braucht kein Prophet zu sein: der Zulassung aller Farben wird als nächstes die Änderung der Körpergröße folgen und wenn nötig, wird man noch andere Details finden, um nach dem Erscheinungsbild der  Importe den Standard für sich „zurechtzubiegen“!
Dabei haben die Initiatoren der Kampagne noch gar nicht bemerkt, dass sie in ihren Bemühungen eventuell einem grundsätzlichen Irrtum aufsitzen, der sich darin zeigt, dass die tatsächlich bestehende Diskrepanz von Merkmalen importierter Hunde mit dem gültigen  Azawakhstandard daraus resultieren könnte, dass es sich bei den importierten Windhunden gar nicht um die Rasse Azawakh, sondern um einen noch näher zu bezeichnenden  Sahelwindhund handelt, für den die Schaffung eines eigenen Rassestandards noch zu leisten wäre.      

Was ist zu tun?
Die Diskussion um die Farben des Azawakh ist nur eine Scheindiskussion,  die als Instrument benutzt wird, um den Standard mit seinen  sehr klaren Definitionen auszuhebeln und mit weiteren Abänderungen den Zugang für mischrassige Hunde in den Standard zu finden.
Mit der massiven Zufuhr  mischrassiger Gene wird der Azawakh-Genpool auf lange Zeit geschädigt und der Azawakh verliert seinen spezifischen Rassetypus, den eines edlen und hocheleganten Windhundes. 

Herr Dr. Röder, hören sie endlich auf, uns allen einreden zu wollen, die Rasse Azawakh könne ohne Importe nicht überleben.  Wir können zumindest auf die Masse von Importen jeglicher Form und Couleur  gerne verzichten. Gebraucht werden Importe, die den Standard in vollem Umfang erfüllen und die eine Bereicherung für die Rasse und den Genpool bedeuten. Eine Degenerierung der Rasse Azawakh zu einem „Münchener Allerelei“ ist von niemanden gewünscht! 
Fordern wir die Einhaltung der von den zuständigen Gremien geschaffenen Fakten: hier der Azawakhstandard.!  Schaffen wir Rechts- und  Zuchtsicherheit!  Wenn wir uns schon die zuchtbuchmäßige Kontrolle der bereits in europäischen Zuchtbüchern erfassten Hunde leisten, dann sollten wir erst recht kritisch bei der Zuchtverwendung von Importen mit unbekannten Ahnen sein. 

Unter dem Schutz eines sehr detaillierten und genau recherchierten Standard konnte die Rasse über 30 Jahre so erhalten werden, wie sie sich bereits in Ihren Anfängen bei uns repräsentierte: als ästhetisches Kleinod unter den Windhundrassen. Sein Aussehen so zu  erhalten ist unsere höchste züchterische Pflicht.
Alle unsere Bemühungen sollten auf diese Ziel ausgerichtet. Und jeder der dies ernsthaft will, muß weiterhin den Vorgaben des Standards folgen.

Erstveröffentlichung: Unsere Windhunde, 2005
Fotos: Anne Hochgesand
©2005, Waldalgesheim
engl. Version


Aulad al Sahra´s Azawakh ◦ Dr. med. Ulrich und Anne Hochgesand ◦ Kreuzstraße 4a ◦ D-55425 Waldalgesheim ◦
©2010


ausgezeichnet mit der Baron von Gingins Gedächtnismedaille des VDH
für herorragende Verdienste um die Kynologie in Deutschland

Eingetragener Zwinger im DWZRV und Züchter im VDH.